Schilfhalme mit sonnigen Himmel

Plädoyer für Offenheit, Ehrlichkeit und Mut

Wenn ich ein Plädoyer schreibe, wird es immer sehr persönlich. Dieser Text ist die Fortsetzung meines Plädoyer für mehr Bauchgefühl. Damals ging es um die Möglichkeiten, die das Bauchgefühl uns eröffnet. Heute geht es mir mehr um den Umgang damit. Vor allem mit der Angst und dem emotionalen Risiko.

Schon das erst Plädoyer war auch an eine bestimmte Frau gerichtet. Eine Frau, die mich bei unserer ersten Begegnung direkt berührt hat. Sie war damals in der Lage, die richtigen Fragen zu stellen und sah Manches, was ich sonst vor der Welt verstecke. Das hat aber auch zu einer gewissen Machtlosigkeit und Verletzlichkeit bei mir geführt. Heute habe ich mehr Abstand. Nur ganz weg ging sie auch nie. Willkommen also im 2. Akt des Stückes. Ob es ein Drama oder eine Komödie wird steht aber noch nicht fest.

Blindes Verstehen vs. radikale Offenheit

Es gibt Menschen, die verstehen sich blind. Das kann sehr schnell geschehen. Gerade dann ist es aber auch sehr gefährlich. Wir gehen nämlich immer von unseren Erfahrungen aus und übertragen diese auf andere Menschen. Das führt leider zu Missverständnissen, gerade wenn man sich noch keine Ewigkeit kennt. Gemeinsame Wege und Erfahrungen machen es dann immer leichter, sich blind wirklich zu verstehen.

Aber wie kommt man dahin? Hier hilft wohl nur Offenheit. Vielleicht sogar radikale Offenheit. Natürlich kann man damit andere Menschen verletzen, auch wenn man das nicht möchte. Viel verletzender finde ich aber das Verschweigen. Wunden die durch Lügen und Verschweigen entstehen, heilen einfach schlecht. Man lernt sich auch nicht wirklich kennen. Man lernt ein Bild kennen, welches der andere von sich zeigen möchte. Wie schnell man diese Offenheit an den Tag legt, muss jeder selbst entscheiden. Vorher ist es nur ein Spiel und nichts wirklich Echtes.

Radikale Offenheit geht noch ein Stück weiter. Man sagt direkt und offen was einem gerade durch den Kopf geht, ohne Filter. Klar, ist nicht einfach. Es kann sogar sehr gefährlich sein. Weil halt auch nicht jeder spontane Gedanke immer so schlau ist. Auch bei der Kommunikation geht es um Balance. Ohne Offenheit als Basis geht es aber nicht.

Neben dem offenen Wort geht es mir aber auch um die Offenheit für andere Menschen. Offen und damit auch frei für andere Menschen zu sein. Auch für Menschen die vielleicht eine andere Meinung haben. Wir sollten aber so offen sein, diese Unterschiede zu akzeptieren. Jeder Mensch geht seinen eigenen Weg. Dieser Weg muss in erster Linie für uns der richtige sein. Wer den Weg mitgehen möchte, muss nicht der gleichen Meinung sein. Er muss aber offen genug sein, um den Weg wirklich gemeinsam zu gehen.

Ehrlichkeit ist eine Chance

Offenheit bringt nichts, wenn man dabei nicht ehrlich ist. Offen und ehrlich sagen, wo man selbst steht, was einem Angst macht und was man sich wünscht. Egal, ob es nun um alltägliche Dinge geht, oder um Zwischenmenschliches.

Es gibt auf dieser Welt so viele verschiedene Modelle wie Menschen gemeinsam leben. Da gibt es weder richtig noch falsch. Da gibt es nur ein „Ist es für uns der richtige Weg?“ Dafür müssen nur alle Beteiligten ehrlich sein, um das passende Modell zu finden. Dafür finde ich Ehrlichkeit einfach wichtig.

Einmal muss man natürlich ehrlich zu sich selbst sein. Dann aber auch den anderen Menschen gegenüber. Wo steht man selbst? Welchen Schritt ist man bereit zu gehen? Welches Risiko kann man für sich tragen? Bin ich bereit, mich auf einen Menschen einzulassen? Mit all seinen Fehlern? Mit allem was er an Gepäck mit sich trägt? Diese Entscheidung kann man nur für sich selbst treffen.

Es ist nicht immer der leichte Weg. Aber richtig ist halt nicht immer leicht. Danach geht es zurück zur Offenheit, um diese Ergebnisse auch mit dem anderen Menschen zu teilen. Nur so enden die sinnlosen Spielchen und missverständlichen Andeutungen. Natürlich ist das keine Garantie für irgendwas. Es kann ja auch direkt hier scheitern. Nur ist das Scheitern einfacher, wenn man weiß warum es so ist.

Es gab Wunden, tiefe Wunden. Die sind aber verheilt und haben mich stärker und reifer werden lassen

Mir fällt das zum Glück leicht. Mein Gepäck besteht aus Erfahrungen, die mich zu dem heutigen Menschen gemacht haben. Ich trage keine offenen Wunden in meinem Herzen. Ich hänge keiner vergangenen Liebe nach. Es gab Wunden, tiefe Wunden. Die sind aber verheilt und haben mich stärker und reifer werden lassen. Manche Menschen sind Teil meines Lebens geblieben, andere sind es wieder geworden. Sie sind aber alle Teil meines Erfahrungsschatzes. Egal ob 10 Jahre Beziehung, lockeres Verhältnis oder One-Night-Stand.

Jedes Ding hat seine Zeit. Was für ein Ding das ist, muss man für sich und gemeinsam klären. Wenn beide bereit sind einen Weg zu gehen, ist es der richtige Weg. Nur offen und ehrlich muss man dabei sein. Wenn der Weg nicht weiter führt als bis zu einer Bekanntschaft oder Freundschaft ist es eben so. Angst sollte aber nicht der Grund dafür sein.

Vielleicht fällt mir das auch zu leicht. Ich habe das große Glück, gerade in meiner letzten Beziehung mit diesem Weg sehr gute Erfahrungen gemacht zu haben. Auch wenn die Liebe irgendwann nicht mehr da war. Wir konnten unsere Freundschaft behalten. Wir sind sehr enge Freunde. Ja, meine Exfreundin, ihr neuer Freund und ihre Schwester sind meine engsten Freunde. Auch wenn es die Welt und selbst unsere Freunde und Familien manchmal verwirrt. Es ist einfach so und es ist genau richtig wie es ist. Diese Menschen gehören zu meiner selbst gewählten Familie. Das ist weder seltsam, noch hat es etwas mit einem Nachtrauern zu tun. Für mich ist es tatsächlich der Optimalfall für ein Beziehungsende. Nur scheint die Welt das nicht zu kapieren. Du verstehst es auch nicht? Das tut mir leid.

Habt Mut

Liebe gibt es nicht als Instant-Produkt

Ich hoffe, das bekomme ich jetzt richtig zusammen. Es ging in einem Gespräch um folgende Fragestellung: Soll man instinktiv auf sein Bauchgefühl hören? Dem Gefühl immer einfach nachgehen? Einfach um zu sehen, ob es richtig ist und funktioniert. Mein erster Gedanke dazu war: Wie soll es den bitte anders gehen? Gerade wenn es um Gefühle geht. Die Liebe, die wohl jeder Mensch sucht, gibt es nicht als Instant-Produkt. Verlieben geht schnell. Liebe kann nur wachsen. Es sind immer zwei Menschen dafür verantwortlich, dieses Gefühl entstehen zu lassen. Dazu gehört auch Mut. Mut sich fallen zu lassen, offen und ehrlich zu sein.

Man lernt einen Menschen kennen und da ist am Anfang dieses Gefühl. Es tut uns gut. Man hat einen Draht zueinander. Fühlt sich angezogen. Das geht mal schneller, mal langsamer. Aber dann.

Ist in unserer Welt voller Singles keiner mehr in der Lage, es einfach mal auf einen Versuch ankommen zu lassen?

Was dann? Prüfen wir dann ob dies der perfekte Partner ist? Passen die Parameter? Ist das Umfeld in Ordnung? Ihr seht, wir sind hier schon wieder bei dem Kopf, der uns im Weg steht. Ist in unserer Welt voller Singles keiner mehr in der Lage, es einfach mal auf einen Versuch ankommen zu lassen? Können wir nicht einfach sagen:

  • Ich mag dich sehr gerne.
  • Ich möchte gerne mehr von dir erfahren und Zeit mit dir teilen
  • Lass uns mal schauen, was dann passiert
  • Lass uns nur zwei Regeln festlegen
    • Wir sind offen zueinander
    • Wir sind ehrlich zueinander. Kein Platz für Lügen

Mit diesen zwei Grundpfeilern kann man dann ein Stück des Weges gemeinsam gehen. Man genießt diese gemeinsame Zeit. Was daraus wird? Weiß man nie. Manches Mal funktioniert es auch nicht. Man lernt sich kennen und kommt mit den Fehlern des Anderen nicht zurecht. Vielleicht ist da auch zu viel Ballast, die der andere Mensch mit sich schleppt. Vielleicht ist es aber auch ganz anders. Weil man den Mut hatte diesen Schritt zu gehen. Offenheit und Ehrlichkeit bringen noch etwas mit sich: Echtes Vertrauen.

Fazit in Orange: Plädoyer für Offenheit, Ehrlichkeit und Mut

Für mich gehören Offenheit, Ehrlichkeit und Mut zu den wichtigsten Grundlagen zwischenmenschlicher Beziehungen. Es geht nur, wenn sie alle mit dabei sind.

Es braucht Mut, um offen zu sein. Es braucht Mut, um ehrlich zu sein. Gerade wenn es um Emotionen geht. Ohne Offenheit, gibt es keinen Mut, nur reines Risiko. Ohne Ehrlichkeit ist Offenheit wertlos. Sie besteht dann nur aus leeren Worthülsen.

Wenn man mutig ist, gibt es Chancen zu entdecken. Nicht ohne Risiko, aber ohne große Gefahr. Gefährlich sind nämlich die nicht ausgesprochenen Dinge. Die man lieber für sich behält. Ungewissheit verursacht Wunden, die nur schwer heilen. Sie heilen aber auch, wenn man selbst dazu bereit ist. Hier kann auch niemand etwas für einen selbst übernehmen. Man muss für sich diesen Schritt gehen. Keine Macht der Welt kann dies von außen verändern.

Jeder Mensch ist anders. Wenn es aber um Emotionen geht, hat jeder einen Start bei 0 verdient. Ein neuer Mensch kann nie für alte Wunden verantwortlich sein.

Bis bald und tschau euer
Sascha

Titelbild: © Sascha Walk


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